Auf einen Blick:
- Die Tischlerei Vetter hat sich durch den Einsatz moderner Technologie zu einem erfolgreichen Möbelbauer entwickelt.
- Das Unternehmen setzt auf Laserscanner für präzise Aufmaße und 3D-Planung sowie Visualisierung, um Kunden bestmöglich anzusprechen.
- Auch prominente Kunden konnten die Sachsen-Anhalter schon überzeugen: darunter auch Profis eines Fußballbundesligisten.
„Das Auge isst mit!“ Für die Vetter Küchen und Möbelmanufaktur ist dieser Satz nicht nur eine Redensart; er ist die Grundlage ihrer Angebote. „Wenn ein Kunde viel Geld bei mir lassen will, kann ich ihm keine Strichzeichnungen und Skizzen anbieten“, sagt Geschäftsführer Henning Vetter. Entsprechend investiert das Unternehmen viel in Präsentation und Visualisierung – sowie in die Manpower und Technologie, die das möglich macht.
Zuletzt revolutionierte der Betrieb seine Aufmaßtechnik: Seitdem werden komplette Räume per Laserscanner digital aufgemessen. Zwei spezialisierte Mitarbeiter des 25-köpfigen Teams kümmern sich vorrangig um die 3D-Planung und Visualisierung. „Die Präsentation ist unser wichtigstes Verkaufstool, natürlich verbunden mit viel Menschlichkeit“, sagt der Holztechniker und Tischlermeister, „sie soll einen potenziellen Auftraggeber so individuell ansprechen, dass er fast garantiert zum Kunden wird.“
Das Ende vom Bau-Diktat
Seine Kernkundschaft habe sich das Unternehmen im hochwertigen individuellen Privat-Innenausbau aufgebaut. Das mache drei Viertel der Aufträge der Tischler aus Dessau, Sachsen-Anhalt, aus. Die restlichen 25 Prozent würden sich auf Arbeiten als Zulieferer sowie Arbeiten für Gewerbekunden und kommunale Auftraggeber verteilen. Bis zur Wunschkundschaft war es ein langer Weg für die 1920 gegründete Tischlerei. In der Planwirtschaft der DDR sei es ihr verboten gewesen, Möbel zu bauen. Verlangt wurden Fenster und Türen. Ungeachtet dieses Verbots studierte Vater Frank Vetter noch Innenarchitektur, bevor er das Unternehmen 1980 übernahm. Die Wende war dann ein Glücksfall für den Betrieb. Endlich wurde nicht mehr diktiert, was zu bauen war.
Der Aufbau der Kundschaft im Wunschsegment zog sich dennoch über Jahre. „Sachsen-Anhalt ist nicht München oder Düsseldorf, was die Zahlungskraft der Kunden angeht“, bemerkt Vetter. Einige Kontakte in höhere Auftraggeberkreise knüpfte der Betrieb unter anderem als Zulieferer für das Interieur von Superyachten. „Mit der Zeit baut man sich ein Netzwerk zu Architekten, Planern und Designern auf – die sind unsere wichtigsten Multiplikatoren bei der Gewinnung von Aufträgen. „Wichtig ist auch ein zuverlässiger Kreis an ausgewählten Lieferanten.“ Das Haupteinzugsgebiet der Dessauer reicht von Leipzig bis Berlin. „Wir fahren für unsere Kunden aber auch ins Allgäu oder nach Hamburg“, sagt Vetter.
Tschüss Zollstock, hallo Punktewolke
Und wie genau überzeugen die Tischler ihre Kunden von ihren digitalen Entwürfen? Das ist das Spezialgebiet von Tischlermeister Matthias Malchin und Projektleiter Enrico Iffländer.
Malchin ist bereits seit Anfang der 1990er im Unternehmen und hat den Wandel von der Bautischlerei zum Möbelbauer mitgemacht. „Dachschrägenausbauten mit Brettaufriss zu machen, war als Bestandteil des konventionellen Möbelbaus sehr zeitintensiv und mit Maßungenauigkeiten behaftet“, sagt der Tischlermeister, „das hat mich früh motiviert, den Umgang mit Konstruktionssoftware lernen“. Ein großer Technologiesprung für die 3D-Planung sei vor zwei Jahren mit der Anschaffung eines 3D-Laseraufmaßgeräts gelungen. Für die Planer bedeutete das: Tschüss Zollstock, tschüss Zahlendreher! „Wir wollen nicht mehr anders arbeiten“, betont Malchin.
Auch Enrico Iffländer ist von der Technologie begeistert. Sie hilft ihm sogar, wenn er den Scan mal nicht selbst durchführt. Der Grafikdesigner arbeitet seit vier Jahren im Unternehmen und ist für die Entwicklung der Entwürfe zuständig. „Wir verkaufen den Kunden die Idee, die entsteht, wenn ich im Raum bin. Das Gefühl für den Raum bekomme ich nur, wenn ich in ihm drin war – entweder real oder digital“, sagt Iffländer.
Vorteil am 3D-Aufmaßgerät: Es tastet den Raum ab und hinterlegt hinter jedem Messpunkt einen RGB-Code. So entsteht eine farbige Punktewolke, die wie ein begehbares 3D-Modell des Raums funktioniert. Von weitem wirkt es wie ein großes Foto. Nur mit sehr viel mehr Daten: Jede Unebenheit, jeder Winkel, jede Steckdose und Schräge werde genau dokumentiert. Und in dieser Punktwolke könne sofort konstruiert werden.
Mit persönlichen Details begeistern
Iffländer zeichnet den Raum nach und plant seine Ausbauten direkt in ein digitales Abbild des Raumes. Dabei achtet er auf Details wie Dekoration und die persönliche Note der Kunden. „Haben die Kunden einen Golden Retriever? Dann muss der unbedingt auch in die Visualisierung!“, sagt er. Gerendert wird mit einer zusätzlichen Rendering-Software für maximal überzeugende Ergebnisse. Einige Auftraggeber würden ihren fertigen Raum später genauso dekorieren, wie der Projektplaner es im Entwurf gemacht hat.
Weil der Grafikdesigner seine Entwürfe mit Sketchup wesentlich schneller erstellen kann, als mit der 3D-Konstruktionssoftware, wird der Entwurf für jeden Auftrag zweimal erstellt. Die Umsetzung in der Konstruktionssoftware übernimmt Matthias Malchin. „Enrico baut es so vor, dass der Entwurf konstruktiv schon funktioniert. Ich kann es dadurch schnell nachbauen ohne allzu viel über Entwurf und Umsetzbarkeit nachdenken zu müssen. So kommen wir schnell zum Ziel“, sagt er.
Effiziente Fertigung und prominente Kunden
Ist der Auftrag erteilt, soll es auch in der Fertigung schnell gehen. Stücklisten, Beschlaglisten, Schrauben und Co. liefert die Konstruktionssoftware. Am Zuschnitt der liegenden Plattensäge wird ein Etikett gedruckt, so dass Kantenanleimmaschine und CNC-Fräse per Barcode-Scan direkt die korrekten Bearbeitungsprogramme starten. Vor zehn Jahren hat das Unternehmen auf der „grünen Wiese“ eine komplett neue Produktionsfläche geschaffen und nach den eigenen Bedürfnissen strukturiert. Auf 1500 Quadratmeter sind Fertigung, Ausstellung, direkte Kundenabwicklung, Planung und Visualisierung gebündelt.
Die Arbeit der Dessauer kommt auch bei prominenten Kunden gut an. „Wir haben schon relativ viel für RB Leipzig gemacht“, sagt Vetter. Für einige Profi-Spieler habe das Unternehmen Privatausbauten realisiert sowie in der Fußball-Akademie der Leipziger den Loungebereich der Profis und den Videoanalyseraum ausgestattet. „Im Stadion hat die eine oder andere Skybox das „Vetter- Brand“ aufgedrückt bekommen“, berichtet der Tischlermeister. Dass die Montage teils zwischen Weihnachten und Neujahr erfolgen musste, sei personell gar kein Problem gewesen. „Ich habe in meinem Team noch nie so viele Freiwillige für eine Montage gesehen, wie bei diesen Projekten“, sagt Vetter.
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