Auf einen Blick:
- 3 Tage Arbeit, 7 Tage Freizeit: Das Modell plant ein Handwerksbetrieb aus Baden-Württemberg.
- Doch nicht nur die Mitarbeitenden würden profitieren, der Betrieb könnte seine Produktivität damit um ein Drittel steigern.
- Hinter der Idee steckt ein 2-Schicht-System für die Mitarbeitenden in der Produktion.
- Der Haken: Bevor die 3-Tage-Woche an den Start gehen kann, fehlen noch einige Fachkräfte.
Weniger Arbeitszeit pro Mitarbeiter, mehr Umsatz für den Betrieb – das klingt vielversprechend. Aber wie soll das funktionieren? „Das kann in der Praxis funktionieren, wenn eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitenden erreicht ist und das System aufgeht“, sagt Markus Ruf, Geschäftsführer bei Ruf und Keller im baden-württembergischen Tengen-Watterdingen. Um die 3-Tage-Woche in seinem Betrieb umzusetzen, fehlen zwar noch einige Mitarbeitende. Doch Ruf ist zuversichtlich, dass sie in naher Zukunft starten kann.
7 Tage am Stück frei: So funktioniert das Konzept
Das neue Arbeitszeitmodell hat der Unternehmer mit seinem Team in mehreren Workshops erarbeitet. Bei Einführung soll es nur für das Team in der Produktion gelten, das Büro und die Mitarbeitenden auf Montage sind bislang noch ausgenommen.
So sieht die Lösung in einem 2-Schicht-System aus:
Schicht 1 arbeitet Montag bis Mittwoch jeweils zehn Stunden. Im Anschluss haben die Mitarbeitenden dieser Schicht sieben Tage am Stück frei, Donnerstag bis einschließlich Mittwoch.
Schicht 2 beginnt am Donnerstag und arbeitet bis einschließlich Samstag. Sonntag ist frei. Montag bis Mittwoch sind wieder Arbeitstage, bevor dann 7 Tage am Stück frei sind.
Das Ergebnis: Die Mitarbeitenden arbeiten bei voller Bezahlung 30 anstatt 40 Stunden und der Betrieb erhöht damit die Anzahl von produktiven Stunden in der Woche von 40 auf 60 – denn an allen Tagen außer sonntags wird gearbeitet. „Diese 20 Stunden mehr decken die Mehrkosten der Löhne komplett ab“, hat Ruf errechnet.
Der Haken: Bis der Metallbautechnikbetrieb das Modell starten kann, braucht es noch 8 weitere Mitarbeitende in der Produktion. 8 Handwerker arbeiten bereits in der Produktion.
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Betrieb brauchte nachhaltiges Geschäftskonzept
Die Idee für das Konzept hatte Handwerksunternehmer Markus Ruf schon eine Weile in der Schublade, bevor er im März damit an die Öffentlichkeit ging. Was hat ihn bewegt, dieses Arbeitszeitmodell für seinen Betrieb zu entwickeln? „Ich habe durchgerechnet, wie viel Mitarbeitende wir in Zukunft brauchen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es schon in fünf Jahren eng wird, wenn wir nicht wachsen“, berichtet Ruf. Dann müsste der Betrieb eventuell schließen, wenn nichts passiert.
Doch ihm sei auch klar gewesen, dass er neue Fachkräfte nicht „einfach so“ gewinnen kann. Anreize wie Weiterbildung, Auslandsaufenthalte, eine moderne Produktion und ein dynamisches Team reichten bei Weitem nicht mehr aus, um Mitarbeitende zu locken.
Ruf sei überzeugt gewesen, dass der einzige Unterschied zu anderen Betrieben ein neues Arbeitszeitmodell sein könnte. Viele Menschen wollen seiner Erfahrung nach „qualitativ hochwertige Freizeit in Form von zusammenhängenden arbeitsfreien Tagen“. Also hat er an einem System getüftelt, das diesen Ansprüchen gerecht wird. Die Kosten dafür wollte der Unternehmer aber auf keinen Fall alleine tragen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten gleichermaßen davon profitieren.
Der Betrieb steht in den Startlöchern
Im Frühjahr noch hatte Ruf „Angst, dass die Leute mir die Bude einrennen“. Doch die große Nachfrage, die der Unternehmer erwartet hatte, blieb aus. Hat sich deshalb Ernüchterung bei ihm breit gemacht? „Nein! Ich bin guter Dinge, dass wir es schaffen, neue Fachkräfte für den Start der 3-Tage-Woche zu gewinnen“, sagt Ruf. Er habe die Erfahrung gemacht, dass einige Bewerber denken, die Idee sei nur ein Spaß, um Leute anzulocken. Doch der Betrieb meint es ernst und betont das immer wieder.
Bislang haben sich vier Interessenten bei Ruf beworben, einen davon hat er im Laufe des Jahres eingestellt. Nach und nach nehme die Zahl der Interessenten zu. „Wir werben auf unserer Website, bei Facebook und Whatsapp“, berichtet er. Auch seine Mitarbeitenden würden für das neue System brennen, stünden in den Startlöchern. Sie dürften frei wählen, ob sie ab dem Starttermin lieber 3 oder 5 Tage arbeiten wollen. „Keiner muss da mitmachen, es ist freiwillig“, betont der 42-Jährige.
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