Foto: Heiner Siefken

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Panorama

Die erste Firma läuft? Her mit der zweiten!

Stefan Koers hat eine Idee umgesetzt, die er anfangs für "völlig verrückt" hielt. Jetzt fährt er mit seinem zweiten Betrieb in die Gewinnzone.

  • Die Koersmann GmbH baut Tiny Houses: komplett eingerichtete Eigenheime auf Rädern.
  • Es ist der zweite Betrieb des Holzhandwerkers Stefan Koers.
  • Die Voraussetzung für die neue Firma: extrem gute Mitarbeiter in der ersten.

Nicht breiter als 2,55 Meter. Nicht höher als 4 Meter. 3,5 Tonnen maximales Gesamtgewicht. Das ist der Rahmen, in dem Stefan Koers Kundenwünsche erfüllt. Der Holzhandwerker baut „Tiny Houses“. Dabei wusste er bis vor Kurzem noch gar nicht, wofür dieser Begriff steht.

Vom Tischler zum Bauunternehmer

„Lass uns Tiny Houses bauen.“ Michael Ebermann, ein Fußballfreund von Koers, kam mit dieser „wahnwitzigen Idee um die Ecke“. Koers fragte zunächst: „Was soll das denn sein?“ Offenbar war Ebermanns Antwort nicht schlecht, denn die beiden führen seit anderthalb Jahren die Koersmann GmbH. Der Handwerker und der Kaufmann produzieren in einem Gewerbegebiet im niedersächsischen Bad Bentheim Häuser auf Rädern. Mobile Eigenheime, komplett eingerichtet.

Der Weg dahin war kein leichter – zumal Koers bereits Chef einer Bautischlerei war.

Pedanterie zahlt sich aus

Wenn er die alte Firma abgeschlossen hatte, begann die Arbeit für die neue: „Das funktionierte, weil wir von Anfang an begeistert waren. Ich habe anderen Anbietern über die Schulter gesehen, mich schlau gelesen und eigene Pläne entworfen – ich habe mich da einfach unheimlich reingefuchst.“ Es ist die Komplexität, die ihn an der neuen Aufgabe fasziniert: „Ich bin jetzt nicht nur Tischler, ich bin Bauunternehmer.“

Gab es einen Punkt, an dem Koers Zweifel an dem Projekt hatte? „Allerdings“, sagt der 43-Jährige, „während der ersten TÜV-Abnahme habe ich gedacht, das geht schief.“

Befestigungspunkte auf dem Trailer, Stützlasten, die Details der Elektrik: Den „Prototypen“ der Koersmann GmbH hatten die beiden Geschäftsführer „quasi zusammen mit dem TÜV gebaut, wir hatten uns einen grünen Haken nach dem nächsten abgeholt“. Dann kam der Tag der Endabnahme.

Der Prüfer, erinnert sich Koers, habe jede Kleinigkeit durchleuchtet, jede Schraube: „Der hat einfach nicht aufgehört, ich war schon völlig mit den Nerven runter.“ Michael Ebermann beruhigte ihn: „Wenn der mit uns durch ist, sind wir auf der sicheren Seite – sieh’s mal so.“

Sein Kompagnon habe recht behalten, sagt Koers: „Mittlerweile dauert die TÜV-Abnahme maximal eine Viertelstunde, zwei Tage später sind die Papiere da – die wissen genau, wie wir bauen.“

Große Kundengruppe: Frauen mit Hund

Der Aufwand dürfte seinen Preis haben, was kostet so ein Tiny House eigentlich? „50.000 Euro kommen schnell zusammen“, antwortet Koers. Keines der mobilen Häuser aus Bad Bentheim gleiche dem anderen, letztlich bestimmten die Ansprüche der Bauherren den Preis: „Auf Wunsch male ich das Haus auch grün an und male blaue Punkte drauf. Was der Kunde will, wird gebaut.“

Das Alter der Interessenten bewege sich zwischen 18 und 83, aber ein spezieller Kundentyp überwiege, sagt Koers: „Weiblich, ledig, gerne mit Hund – der Anteil liegt Minimum bei 75 Prozent.“

Menschen, die extreme Lebensabschnitte hinter sich haben, würden auffällig oft den Weg in ihre Halle finden. Koers: „Scheidungen, der Verlust von Angehörigen, Krankheiten – so ein Tiny House steht oft für einen Neuanfang.“

Hast du ein Grundstück für das Haus? Oder willst du mit dem Tiny reisen? Ist es wirklich das, was du willst? Das seien die entscheidenden Fragen jedes Beratungsgesprächs. Es gebe potenzielle Kunden, denen er den Auftrag förmlich ausreden müsse. Warum? „Wenn sich ein Kunde in eine fixe Idee verrannt hat und eigentlich etwas ganz anderes sucht, würde mir die Arbeit für ihn keinen Spaß machen.“

Langsame Fahrt in die Gewinnzone

Der psychologische Aspekt des Hausbaus fasziniert Koers: „Wer bist du? Wie willst du leben? Dieses Hineindenken in die Leute ist toll.“ Die Arbeit in seiner Bautischlerei sei da viel nüchterner: „Jemand bestellt ein Fenster, dann baue ich ein Fenster, aber mit so einem Tiny House verwirkliche ich Lebensträume.“

Für die Absprachen mit den Kunden während der Bauphase richtet Koers Whatsapp-Gruppen ein: „Das ist super. Wenn man klare Fragen formuliert, bekommt man schnelle Antworten – das ist wirklich der kurze Dienstweg.“

Bislang haben Koers und Ebermann alle Einnahmen wieder in die Firma gesteckt, aber mittlerweile bleibe auch etwas übrig, sagt Koers: „Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, an dem wir in die Gewinnzone fahren.“ 16 Häuser hat die Koersmann GmbH in ihrer kurzen Firmengeschichte bereits ausgeliefert.

Zwei Firmen zu führen, sei ein unheimlicher Stress, gesteht Koers ein. Und es ginge nur, weil er verantwortungsbewusste und fähige Mitarbeiter in der Tischlerei habe – einfach Leute, die autonom arbeiten könnten. Gestiegen sei allerdings auch sein „Verantwortungsdruck“. In seinen beiden Firmen sind 5 Mitarbeiter beschäftigt. 5 Männer, die ihrerseits Frauen und Kinder ernähren müssen. „Das sind 5 Familien, die von mir abhängig sind. Ja, das lässt mich schon mal schlecht schlafen.“

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