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Radikale Fachkräftesicherung: Kaufe Betrieb samt Personal!

Wer nicht wächst, stirbt aus, sagt dieser Handwerksmeister. In Betriebsaufkäufen sieht er ein Mittel gegen den Fachkräftemangel. Dafür hat er schlüssige Argumente.

Auf einen Blick:

  • Fachkräfte gewinnen durch Betriebsaufkäufe: Das ist zum Beispiel in der Elektrobranche durchaus üblich, sagt Handwerksmeister Matthias Scholz.
  • Problem: Die Tendenz zu größeren Unternehmen verschärft den Personalmangel für die kleinen. Scholz: „Auf dem freien Markt einfach so einen Mitarbeiter zu finden, ist ein reiner Glücksfall.“
  • Sterben Kleinstunternehmen aus? Scholz ist sicher: Wer nicht ausbildet, findet weder Mitarbeiter noch Nachfolger oder Käufer.
  • Mit langem Atem gegen den Fachkräftemangel: Eine gute Personalplanung ist elementar, um rechtzeitig auf einen Engpass reagieren zu können, sagt Handwerkskammerexperte Günter Neumann.

Mit 60 Mitarbeitern hat der Elektrobetrieb von Matthias Scholz eine stattliche Größe erreicht. Aber in seiner Branche sei das noch gar nichts. „In unserer Region gibt es Mitbewerber mit über 500 oder 2000 Mitarbeitern“, berichtet der Handwerker aus Braunschweig.

Für den Handwerksmeister spricht nichts dagegen, dass sich in seiner Branche viele mittelgroße Betriebe und ein paar große Kaliber tummeln. Umgekehrt sieht er aber einen gefährlichen Trend für Klein- und Kleinstbetriebe. Die drohten langsam auszusterben. Grund: Fachkräftemangel. Zwar gebe es auch für Kleinunternehmen ausreichend lukrative Aufträge. „Aber Drei-Mann-Betriebe, die nicht ausbilden, finden am Markt weder Mitarbeiter, noch Nachfolger“, sagt Scholz.

Fachkräfte durch Betriebsübernahme: eine Lösung – und ein Problem

Der Fachkräftemangel hat das Handwerk im Griff. Und der Markt reagiere darauf, indem die Unternehmen größer werden. In der Elektrobranche sei es durchaus üblich, zukunftsfähige kleinere Betriebe samt Belegschaft aufzukaufen, um den Fachkräftemangel in beherrschbaren Bahnen zu halten. „Auf dem freien Markt einfach so einen Mitarbeiter zu finden, ist dagegen ein reiner Glücksfall“, sagt Scholz.

Für Kleinstbetriebe dürften sich die Nachwuchssorgen durch Betriebskäufe allerdings noch verschärfen. Immerhin können die so entstehenden größeren Unternehmen mehr Aufwand betreiben, um neue Mitarbeiter anzuwerben. Auch erhoffen sich Bewerber von einem gut organisierten größeren Betrieb möglicherweise komfortablere Arbeitsbedingungen: geringere Arbeitsbelastung, weniger Überstunden, bessere Bezahlung und Aufstiegschancen.

Drei Tipps: So begegnen Sie Fachkräftemangel richtig

Welche Chancen haben Kleinunternehmen da, im Rennen um Fachkräfte auf der Höhe zu bleiben? Die Antwort kennt Günter Neumann, Geschäftsbereichsleiter Berufliche Bildung bei der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade. Er rät Betrieben:

  • „Machen Sie unbedingt eine Personalplanung.“ Dazu gehört die wichtige Frage: Wann scheiden Ihre Gesellen aus? Für den jeweiligen Zeitpunkt müssen Sie über einen vollwertigen Ersatz verfügen. Auch sei im Rahmen der Personalplanung darauf zu achten, dass der Betrieb eine vermischte Altersstruktur bekommt, um Überalterung vorzubeugen.
  • „Bilden Sie aus.“ Mit einer eigenen Nachwuchssicherung lasse sich der Fachkräftebedarf am effizientesten decken. Um Nachwuchs zu gewinnen, empfiehlt Günter Neumann gezielte Praktikumsangebote an Schulen. Auch müsse man sich durch Qualität in der Ausbildung interessant machen. Das gelingt schon durch Kleinigkeiten wie einem wöchentlichen 5-Minuten-Gespräch zur Verbesserung der Inhalte. Eine Nummer größer: Nutzen Sie die Auslandspraktika in Kooperation mit den Handwerkskammern. „So hebt man sich als Betrieb von anderen ab“, sagt Neumann.
  • „Tun Sie sich mit anderen Betrieben zusammen.“ Kooperationen wie Ausbildungsverbünde verleihen kleinen Betrieben mehr Schlagkraft und Sichtbarkeit.

Niemand will einen überalterten Betrieb haben

Diese Maßnahmen verhindern, dass ein Betrieb unausweichlich in eine ausweglose Situation rutscht – die Überalterung. Denn: „Ein Unternehmen, in dem der Chef vor dem Ruhestand steht und sämtliche Mitarbeiter bald das Rentenalter erreichen, hat keine Überlebensbasis“, sagt Scholz. Aus drei Gründen:

  • Potenzielle jüngere Mitarbeiter werden von der offensichtlichen Endlichkeit des Betriebs abgeschreckt.
  • Potenzielle Nachfolger müssten nach Renteneintritt der Altbelegschaft den Betrieb von null aufbauen. Auch das demotiviert.
  • Die mangelnde Zukunftsfähigkeit schreckt potenzielle Käufer ab. Für sie ist ein überalterter Betrieb unrentabel.

Von solchen Betrieben gibt es viele, weiß Scholz aus eigener Erfahrung. Denn auch der Elektromeister sieht sich nach Möglichkeiten um, die sein Unternehmen gut ergänzen würden. Mit Verkauf, Installation und Wartung von Blockheizkraftwerken hat die Hans Scholz Elektrotechnik ihre Elektro-Sparte bereits um den Wärmemarkt erweitert. „Ich würde gerne noch einen Heizungsbauer dazuholen“, sagt Scholz. Bisher fand er jedoch kein geeignetes Unternehmen für eine Übernahme. Viele Betriebe seien schon überaltert. Das reiche vom Personal bis zum Fuhrpark. „Für die Altunternehmer ist das schwer zu verstehen, dass allein der gute Name ihres Unternehmens bei einer Übernahme nichts wert ist“, sagt Scholz.

Wie sind Ihre Erfahrungen? Können Sie Ihre Fachkräfte sichern – und neue gewinnen? Kennen Sie es aus Ihrem Umfeld, dass Fachkräfte abgeworben oder Betriebe aufgekauft werden? Und haben Sie vielleicht selbst schon mal über eine größere Erweiterung nachgedacht? Kommentieren Sie hier oder schreiben Sie an gille@handwerk.com

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