Foto: MEV-Verlag, Germany
Operationsarzt mit Mundschutz neben einer Krankenschwester

Inhaltsverzeichnis

Strategie

Mit Vorzugspreisen in den Tod

Eine fette Auftragslage mündet nicht automatisch in einem fetten Firmenkonto. Was geht da schief?

Auf einen Blick:

  • Trotz guter Konjunktur verdienen viele Betriebsinhaber zu wenig, sagt Christof Tatka.

  • Der Experte mahnt: Aufträge, die falsch kalkuliert sind, zerstören das Preissystem aller Kollegen.

Christof Tatka ist Geschäftsführer von „perfakta“. Der eingetragene Verein analysiert und unterstützt seit mehr als 50 Jahren Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein.

Herr Tatka, wie gut muss ein Handwerksunternehmer verdienen, damit er aus Ihrer Sicht erfolgreich ist?

Christof Tatka: Wir gehen davon aus, dass ein Inhaber mindestens so viel Geld verdienen sollte wie ein angestellter Meister mit gleicher Berufserfahrung. Das setzen wir als Basis an. Und wenn ein Betrieb Eigentum besitzt und seine Werkstatt eigentlich mieten müsste, rechnen wir das auch noch ein. Und diese beiden Posten werden von 33 Prozent der rund 300 Betriebe, die wir kürzlich analysiert haben, nicht erwirtschaftet.

Kunde glücklich, Betrieb gefährdet

Die Konjunktur brummt schon länger, jetzt müsste es doch klappen.

Christof Tatka: Alle erzählen, wie großartig es ist, wie viel sie zu tun haben, aber das führt nicht zwangsläufig zu einem besseren Verdienst. Im Mittel verdient jeder Handwerker besser, aber nicht viel besser. Mal 1 Prozent, mal 3 Prozent und manchmal sind es auch nur 1.000 Euro mehr im Jahr.

Was geht da schief?

Christof Tatka: Die meisten Handwerker sind sehr vorsichtig mit Preiserhöhungen, sie wollen nicht als Abzocker dargestellt werden. Deswegen werden die Preise nur moderat erhöht. Aber auch die Kosten steigen, sie steigen zum Teil so extrem, dass nur wenige Handwerker einen adäquaten Preis nehmen.

Viele Betriebsinhaber sind zurückhaltend, weil sie Kunden bedienen, für die sie auch in schlechteren Zeiten arbeiten wollen. Das ist doch nachvollziehbar.

Christof Tatka: Wenn ich jetzt kein Geld verdiene, nützt es mir nichts, dass meine Kunden glücklich sind. Wenn es schlechter läuft, fehlt mir der „Speck“, um durch die schlechte Zeit zu kommen.

Eine falsche Kalkulation – alle Aufträge schlecht

Woher rührt die Zurückhaltung?

Christof Tatka: Aus der Erfahrung. In jeder Krise war ein Handwerker vielleicht froh, dass er überhaupt Kunden hatte. Deshalb werden heute Kunden mit Vorzugspreisen bedient – auch wenn diese Aufträge defizitär sind.

Aber nehmen wir einmal an, dass sich ein durchschnittlicher Kunde immer drei Angebote einholt. Wird er nicht den günstigsten Betrieb auswählen?

Christof Tatka: Exakt das beschreibt das Problem. Bei Kunden, die immer das Billigste haben wollen, ist es schwierig, auskömmliche Aufträge zu platzieren. Ein Rechenbeispiel: Beim ersten Auftrag erhält Handwerker A den Zuschlag, weil er sich bei der Zeit verkalkuliert hat. Beim zweiten Auftrag kriegt Handwerker B den Zuschlag, weil er sich beim Material verkalkuliert hat. Beim dritten Auftrag Handwerker C, wieder mit einer falschen Kalkulation. Das führt dazu, dass obwohl 2/3 aller Aufträge richtig kalkuliert sind, 100 Prozent der Aufträge, die vergeben werden, für die Handwerker defizitär sind.

Der Betriebsinhaber, der richtig kalkuliert, geht immer leer aus?

Christof Tatka: Zum Glück nicht immer. Das oben war nur ein Rechenbeispiel. Aber er geht viel zu häufig leer aus. Und das nur, weil Kollegen ab und zu falsch kalkuliert haben. Einzelne Fehlkalkulationen führen komplett zu schlechten Aufträgen.

Das Geld ist nicht weg, es haben nur andere

Also muss dringend verhindert werden, dass auch nur ein Betrieb falsch kalkuliert.

Christof Tatka: Klar passiert es mal, dass ein Auftrag falsch kalkuliert wird. Aber das darf nur ganz ganz selten passieren, sonst leidet nicht nur der Betrieb, sondern auch alle Kollegen.

Und wie macht man das den Betrieben klar?

Christof Tatka: Immer wieder darauf hinweisen. Und Schulungen anbieten. Es ist aber auch eine Typfrage. Es gibt Meister, die das alles sehr früh lernen, das sind die Leute, die Lust auf Zahlen haben. Der durchschnittliche Meister baut lieber ein schönes Werk.

Was ja nicht unsympathisch ist.

Christof Tatka: Das stimmt, aber er verdient halt zu wenig Geld. Die Einsicht könnte lauten: Geld ist nie weg, es haben nur andere. Wenn ich als Handwerker meine Leistung nicht vernünftig anbiete, erhält der Kunde eine Leistung, für die er eigentlich mehr hätte bezahlen müssen. Was glauben Sie, wie dieser Kunde den Handwerker bewertet? Als sympathischen Typen? Bestimmt. Aber diese Sympathie sichert leider nicht das Einkommen des Handwerkers und seiner Familie.

Der Optimalfall: Alle kalkulieren richtig

Ein Betriebsinhaber darf selbstbewusst seine Fähigkeiten vermarkten, ist es das, worauf sie hinauswollen?

Christof Tatka: Ja, jeder Handwerker soll einen guten Preis für seine gute Arbeit verlangen, das ist nicht verwerflich. Dass ein Kunde über den Preis nörgelt, ist normal, das ist die Aufgabe des Kunden. Der Meister muss dennoch genug für seine Leistung verlangen. Wissen Sie, wie der Optimalfall aussieht?

Nein, aber ich bin gespannt.

Christof Tatka: Ein Kunde nörgelt über den Preis und ruft beim nächsten Handwerker an. Und der sagt: „Für diesen Preis kann ich Ihnen das nicht anbieten.“ Die nächsten 3 Handwerker sagen ebenfalls: „Nein, für diesen Preis arbeite ich nicht!“ Zum Schluss landet der Kunde wieder beim ersten Betrieb.

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