Auf einen Blick:
- Arbeitnehmer sind auf ihrem Arbeitsweg nur dann über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert, wenn sie den direkten Arbeitsweg wählen.
- Gerichte legen diese Regelung streng aus: Wer beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit die richtige Haltestelle verpasst, setzt damit den Versicherungsschutz aufs Spiel.
- Laut Bundessozialgericht sind unter bestimmten Umständen aber Abweichungen möglich – zum Beispiel, wenn auf dem Arbeitsweg ein unvorhergesehenes Hindernis beseitigt werden muss.
Nur wenige Meter oder eine verpasste Haltestelle können reichen, damit ein Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird. Wer den Arbeitsweg verlässt, muss die Folgen tragen – so sahen es die Richter in zwei Fällen.
Glatteistest mit fatalen Folgen
Der Fall: Ausgerechnet seine Vorsicht wurde einem Arbeitnehmer zum Verhängnis. Er wollte im Winter mit dem Auto zur Arbeit fahren, das er auf seinem Grundstück geparkt hatte und legte seine Arbeitstasche hinein. Der Wetterdienst hatte vor Glatteis gewarnt. Deshalb verließ er das Grundstück zu Fuß, um erst einmal zu prüfen, wie glatt die Straße war. Auf dem Rückweg zu seinem Auto stürzte er an der Bordsteinkante und verletzte sich am rechten Arm.
Das Urteil: Das Bundessozialgericht wertete den Glatteistest als „Vorbereitungshandlung“ abseits des versicherten Arbeitsweges. In dem Moment, in dem der Kläger die Straße betrat, habe er den unmittelbaren und damit versicherten Arbeitsweg unterbrochen. Und Vorbereitungshandlungen seien nach gängiger Rechtsprechung nur dann versichert, wenn man rechtlich dazu verpflichtet ist oder ein unvorhergesehenes Hindernis beseitigen muss. Im vorliegenden Fall sei die Prüfung der Fahrbahnverhältnisse weder durch die Straßenverkehrsordnung geboten, noch für den Fahrtantritt unverzichtbar gewesen.
Bundessozialgericht, Urteil vom 23.01.2018, Aktenzeichen: B 2 U 3/16 R
Tragischer Umweg mit dem Zug
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin fuhr mit der Regionalbahn von der Arbeit aus in Richtung Heimatdorf und verpasste den Ausstieg. Sie verließ den Zug an der nächsten Haltestelle. Dann wollte sie eilig die Bahngleise überqueren, weil der Zug in die andere Richtung schon am Bahnsteig bereitstand. Dabei wurde sie von einer Rangierlok erfasst und tödlich verletzt. Die Berufsgenossenschaft wollte das Unglück nicht als Arbeitsunfall anerkennen. Die Angehörigen der Frau klagten daraufhin.
Das Urteil: Das Thüringer Landessozialgericht wertete die Weiterfahrt laut Pressemitteilung als „Abweg“, auf dem kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung mehr besteht. Erst wenn sich der Versicherte auf dem direkten Weg befinde, lebe der Versicherungsschutz wieder auf.
Landessozialgericht Thüringen, Urteil vom 08.01.2018, Aktenzeichen: L 1 U 900/17
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