Hat seine Leidenschaft für das Drechslerhandwerk einst durch einen Zufall entdeckt: Drechslermeister Hans-Peter Schöner.
Foto: Denny Gille
Hat seine Leidenschaft für das Drechslerhandwerk einst durch einen Zufall entdeckt: Drechslermeister Hans-Peter Schöner.

Inhaltsverzeichnis

Holzhelden

Serienteile vom Drechsler: Kreativ mit CNC-Technik

Die Bremer Drechslerei fertigt die ganze Bandbreite vom Einzelstück bis zum Serienprodukt. Der größte Spaß für den Unternehmer: verrückte Ideen umsetzen.

Auf einen Blick:

  • Die Bremer Drechslerei beherrscht nicht nur kreatives Handwerk,  sondern kann auch effizient fertigen. Das bringt ihr viele Serienaufträge ein. 
  • Der Reiz seines Berufs ist für Drechslermeister Hans-Peter Schöner klar:  „Jeden Tag kommt jemand mit einer neuen verrückten Idee in die Werkstatt. Es macht Spaß, sich da reinzudenken.“
  • Diese Leidenschaft sieht man auch seinem Ausbildungserfolg an: Zwei Bundessieger haben die Bremer bereits hervorgebracht. 

Wer beim Gedanken an Drechslerarbeiten vor allem an alte Tischbeine und Geländerstäbe denkt, wird beim Blick in die Werkstatt von Hans-Peter Schöner ganz schön ins Staunen kommen. Denn traditionelle Alltagsgegenstände sind für „Die Bremer Drechslerei“ eher die Ausnahme. Viel häufiger wird das 4-köpfige Team kontaktiert, wenn edle Design-Produkte gefertigt oder ausgefallene Ideen realisiert werden sollen. Entsprechend groß ist die Abwechslung in der Werkstatt. Werkzeuggriffe aus Birkenrinde entstehen hier, Trainingsgeräte für asiatische Kampfsportarten oder die hölzernen Teile kugelförmiger Design-Gewürzmühlen. „Wir machen hier alles von Einzelstücken über Kleinserien bis zum tausendfach produzierten Serienprodukt – für Privatkunden, Handwerks-Kollegen, Designer und die Industrie“, sagt Drechslermeister Hans-Peter Schöner.

Das Geschäft brumme. „Vieles können wir gar nicht bedienen, weil es einfach zu viel ist“, betont Schöner, der auch viel in der Werkstatt mitarbeitet. Effizienz ist da ein hohes Gut, gerade bei Serienteilen. Ein Beispiel: „Für die Design-Gewürzmühle werden wir dieses Jahr 12.000 Einzelteile drehen“, erklärt der Unternehmer. Bei so einer Menge lohne es sich, einen möglichst optimalen Fertigungsprozess zu entwickeln. Rechenbeispiel: Wer bei 12.000 Teilen pro Stück nur 5 Sekunden einspart, reduziert die Fertigungszeit schon um mehr als zwei Arbeitstage.

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CNC-Technik bringt Effizienz

Herzstück für eine effiziente Fertigung ist die CNC-Drechselbank des Betriebs. Die spielt ihre Stärken bei großen Stückzahlen besonders deutlich aus. Selbst Säulen ließen sich mit der Maschine herstellen. Die maximale Werkstücklänge liege bei bis zu 4 Metern, der maximale Werkstückdurchmesser bei 60 Zentimetern. „Die CNC-Drechselbank ist unsere Hauptmaschine. Sie läuft fast von morgens bis abends“, sagt Schöner. Gerade arbeitet Drechslergesellin Takayo Miura an der Maschine – sie kam 2014 aus Japan nach Deutschland, um hier das Tischler- und später das Drechslerhandwerk zu erlernen. Routiniert spannt sie das Werkstück in die Maschine ein, dann fährt ein stählernes Messer automatisch die programmierten Profile ab. Wenige Sekunden später ist der Vorgang abgeschlossen; den Feinschliff macht sie an einer Handmaschine.

Bis zu 30 Millimeter Material könne die CNC-Drechselbank mit dem passenden Werkzeug auf einmal abtragen. Sollen die Schnitte noch tiefer sein, zeichnet der Meister Linien in die CAD-Daten, die für einen stufenweisen Abtrag sorgen. Für Seriendrehteile bekommt der Unternehmer die CAD-Dateien entweder fertig angeliefert oder er erstellt sie selbst. „Das ist relativ einfach, weil wir ja nur 2D-Daten brauchen – die dritte Dimension entsteht durch die Rotation des Werkstücks am Messer.“

Handwerk bleibt Hand-Werk

Dennoch ist bis zum perfekten Drehteil, so Schöner, immer noch viel Handarbeit nötig. Zum Beispiel bei der Design-Gewürzmühle: Nach dem ersten Bearbeitungsschritt hat der Deckel fertigungsbedingt noch eine hölzerne Nase. Die wird Anna-Margarethe Pechmann, Auszubildende im ersten Lehrjahr, gleich an der Hand-Drechselbank zurückschneiden, bis die Oberfläche eine einheitlich glatt gewölbte Form erhalten hat. Insgesamt fünf Drehbänke unterschiedlicher Dimensionen sind im Unternehmen im Einsatz. Jede von ihnen wird vorrangig für andere Zwecke eingesetzt. Mit einer Maschine können die Drechsler zum Beispiel präzise Löcher mit bis zu 120 Millimeter Durchmesser 600 Millimeter tief in das Holz treiben.

Eine andere Drechselbank, die mehr als 30 Jahre alt ist, wird vor allem noch zum Schleifen der Werkstücke verwendet. Sie ist der Grund, warum Hans-Peter Schöner überhaupt zum Drechslerhandwerk kam. Denn ursprünglich hatte er Zimmermann im elterlichen Betrieb in Süddeutschland gelernt. In den Besitz der Maschine kam der Betrieb einst über einen eher unglücklichen Umstand: Die Zimmerer hatten für einen Maschinenbauer Arbeiten durchgeführt – doch plötzlich konnte der Kunde nicht zahlen. Die Einigung: Der Maschinenbauer sollte als Gegenleistung eine Drechselbank bauen. „Ich habe dann immer daran rumprobiert, aber so richtig Erfolg hatte ich anfangs nicht“, Blick der Handwerker zurück. Sein Ehrgeiz aber war geweckt: Er machte eine Drechslerlehre, ging dafür nach Karlsruhe und reiste später als Geselle nach Bremen. Hier machte er erst eine Ausbilder-, dann die Meisterprüfung und kurz vor der eigenen Gründung noch den Betriebswirt des Handwerks.

Verrückte Ideen sind willkommen

So hat der Unternehmer zu seiner Berufung gefunden. Denn die Zimmerei sei für ihn noch nicht das Richtige gewesen. „Ich mag die Arbeit mit Holz – aber nicht auf dem Dach“, erzählt Schöner. Ihn begeistert am Drechslerhandwerk, dass man noch intensiv mit Massivholz arbeite. Und kreativ werden muss: „Jeden Tag kommt jemand mit einer neuen verrückten Idee in die Werkstatt. Es macht Spaß, sich da reinzudenken und Lösungen zu entwickeln“, erklärt der Unternehmer.

Aus mancher Idee sind auch Produktkooperationen entstanden. So hat Hans-Peter Schöner mit dem Designer Helmut Kunze-Stibal den Pendelhocker Pendelix entwickelt, der aus blockverleimtem Eschenholz besteht und durch Umstecken von Zwischenringen höhenverstellbar konstruiert ist. Auch Auftraggeber aus der Forschung und Entwicklung kämen regelmäßig auf den Betrieb zu. So seien bereits hölzerne Hochsee-Bojen entstanden, ein Modell eines Raketentriebwerks für den Marslander und Raketendummies für die Rüstungsindustrie.

Neue Drechsler braucht das Land

Bei so vielfältigen Aufgaben sei es laut dem Unternehmer umso bedauernswerter, dass es immer weniger Drechslereien im Land gebe. Die Bremer Drechslerei versuche als einer von nur einer Hand voll Ausbildungsbetrieben dagegenzuhalten. Schon 2019 ging aus der Ausbildung ein Bundessieger im Drechslerhandwerk hervor. Auch seine aktuelle Drechslergesellin Takayo Miura hat bei Schöner gelernt, mit Bestnote abgeschlossen und ist Bundessiegerin geworden. Und mit Anna-Margarethe Pechmann investiert er in die Zukunft einer weiteren Drechslerin zum Erhalt dieses Handwerks.

Auf Investitionskurs bleibt Hans-Peter Schöner auch mit seinem Maschinenpark. Vielfach bewährt habe sich bereits die Anschaffung eines Lasercutters, mit der der Betrieb zum Beispiel gravieren kann oder dünnes Holz so anschneidet, dass es extrem biegbar wird. Fehlt im Maschinenpark eigentlich nur noch ein CNC-Bearbeitungszentrum. „Das ist als nächstes dran“, sagt der Unternehmer.

Drechsler aus Leidenschaft: „Ich mag die Arbeit mit Holz“, sagt Hans-Peter Schöner.
Foto: Denny Gille
Drechsler aus Leidenschaft: „Ich mag die Arbeit mit Holz“, sagt Hans-Peter Schöner.

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