Der Fall: Anderthalb Monate zahlt eine GmbH weder Lohn noch Urlaubsgeld an einen Mitarbeiter. Kurze Zeit später meldet das Unternehmen Insolvenz an. Daraufhin verklagt der Mann die GmbH-Geschäftsführer persönlich. Er fordert eine Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von ihnen – insgesamt sollen sie rund 3.000 Euro Schadensersatz zahlen.
Das Urteil: Das Bundesarbeitsgericht entscheidet zu Gunsten der Geschäftsführer. Die Karlsruher Richter stellten klar, dass Geschäftsführer nicht persönlich für unterbliebene Mindestlohnzahlungen haften. Geschäftsführer seien in der Regel nur gegenüber der GmbH haftbar, nicht jedoch gegenüber außenstehenden Dritten wie Gläubigern oder Mitarbeitenden. Die Außenhaftung beschränke sich gemäß § 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz (GmbHG) auf das Gesellschaftsvermögen.
Nur in Ausnahmefällen könnten Geschäftsführer auch persönlich von Dritten in Anspruch genommen werden – wenn ein besonderer Haftungsgrund vorliege. Das sei hier nicht der Fall.
Die Geschäftsführer hätten zwar eine Ordnungswidrigkeit begangen, weil sie dem Mitarbeiter keinen Mindestlohn gezahlt haben. Zu Schadensersatz in Höhe des Mindestlohns seien sie deshalb aber nicht verpflichtet. Schließlich müssten nach § 823 Abs. 2 BGB nur diejenigen Schadensersatz leisten, die fahrlässig oder vorsätzlich gegen ein Schutzgesetz verstoßen haben. Das Mindestlohngesetz sei jedoch kein solches Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer.
Wäre das anders, könnten Geschäftsführer schon bei leichter Fahrlässigkeit von den Mitarbeitenden in Anspruch genommen werden – und zwar in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Damit würde jedoch das GmbH-Haftungssystem, in dem es keine allgemeine Durchgriffshaftung auf Geschäftsführer gibt, vielfach durchkreuzt werden. Denn die Arbeitnehmer hätten neben der GmbH immer noch weitere Schuldner: die Geschäftsführer. Genau das sei aber vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.
(Urteil vom 30. März 2023, Az.: 8 AZR 199/22)
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