Auf einen Blick:
- Eine Haftungsfreistellung nach einer Bedenkenanmeldung kann Sie als Handwerker vor Gewährleistungsansprüchen des Kunden schützen.
- Wobei die Freistellung nicht hilft: wenn die Ausführung mit Gefahr für Leib und Leben Dritter verbunden ist. Dann haften Sie als Handwerker unbegrenzt – und die Freistellung könnte Sie sogar noch tiefer reinreiten.
- Solche Risiken können Sie nur vermeiden, wenn Sie den Kunden von seinem Vorhaben abbringen oder notfalls auf den Auftrag verzichten.
- Am einfachsten überzeugen Sie Kunden, wenn Sie eine Alternative parat haben – und auf einen kleinen Abschnitt in der Landesbauordnung verweisen.
Besondere Kunden haben besondere Wünsche, doch manche sind riskant – für den Handwerker, der den Auftrag übernimmt. Oft einigen sich Kunde und Handwerker in solchen Fällen schriftlich auf einen Haftungsausschluss: Der Kunde bestätigt per Haftungsfreizeichnung, dass der Handwerker Bedenken hat und stellt den Auftragnehmer von der Haftung frei.
Dabei gibt es nur ein Problem: Solche Haftungsfreistellungen sind unwirksam, wenn es um Gefahren für Leib und Leben geht.
Wann sind Haftungsfreistellungen sinnvoll – und wann nicht?
Schriftliche Haftungsausschlüsse sind kein Allheilmittel, betont Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen (LV-Bau). „Solche Vereinbarungen sind geeignet, um nach einer Bedenkenanmeldung Gewährleistungsansprüche auszuschließen, wenn der Kunde auf der Ausführung besteht“, sagt die Juristin.
Anders sei die Lage, wenn die Kundenwünsche zu einer Gefahr für Leib und Leben Dritter werden: „Dafür kann man keinen Haftungsausschluss vereinbaren, denn einem geschädigten Dritten ist es egal, was Auftraggeber und Handwerker vereinbart haben“, warnt Höltkemeier. Nimmt jemand später Schaden, drohen dem Handwerker Schadensersatzansprüche und Strafverfolgung.
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Was tun, wenn ein Kunde gefährliche Wünsche hat?
Höltkemeier empfiehlt Handwerkern bei gefährlichen Kundenwünschen ein klares Vorgehen:
- Melden Sie Ihre Bedenken schriftlich an, damit der Bauherr zur Kenntnis nimmt, warum der Auftrag so nicht umsetzbar ist. Weisen Sie auf Ihre Verkehrssicherungspflichten hin und beschreiben Sie, worum es geht. Zum Beispiel um Gefahren für kleine Kinder durch zu breite Abstände beim Balkongeländer.
- Lassen Sie sich nicht zur Ausführung überreden. Dass zum Beispiel der Kunde selbst keine kleinen Kinder hat, bedeutet nicht, dass niemals ein Kind die Wohnung betreten wird. Und wer weiß, wer die Immobilie einmal kauft? Egal, wer wann einen Schaden erleidet: Sie würden als Handwerker haften.
- Unterschreiben Sie keine Haftungsfreistellungsklausel, wenn Sie Gefahren für Leib und Leben vermuten. Dann ist das Schriftstück nicht nur nutzlos, sondern erhöht Ihr Haftungsrisiko. Wenn Sie Bedenken anmelden und den Auftrag dennoch mit einer Freistellung ausführen, könnte nach einem Unfall nicht nur als grob fahrlässige Köperverletzung, sondern sogar als Körperverletzung mit bedingtem Vorsatz gesehen werden. „Denn der Handwerker hat das Risiko gesehen, dennoch die Treppe ohne Geländer gebaut und damit einen Unfall in Kauf genommen“, warnt Höltkemeier.
- Schlagen Sie alternative Lösungen vor. Von ihren Vorstellungen lassen sich Kunden leichter abbringen, wenn Sie Ihnen eine Alternative aufzeigen, die ihren Wünschen nahe kommt.
- Lehnen Sie den Auftrag ab, wenn sich der Kunde nicht umstimmen lässt.
Welche Regeln sind entscheidend?
Die Vorschriften zur Verkehrssicherungspflicht sind Ländersache. In jeder Landesbauordnung findet sich ein entsprechender Paragraf. Der ist kurz, geht nicht ins Detail und sagt im Wesentlichen immer das gleiche: Bauliche Anlagen und öffentlich zugängliche Flächen von bebauten Grundstücken müssen verkehrssicher sein. „Was ich als Handwerker in den Verkehr bringe, muss sicher sein. Erkennbare Gefährdungen der Verkehrssicherheit darf ich nicht umsetzen. Ich darf keine Gefährdungsquellen schaffen“, betont Höltkemeier.
Schon die anerkannten Regeln der Technik sorgten dafür, dass Leistungen fachgerecht und sicher erbracht werden. „Wenn man die einhält und sich noch mal kritisch fragt, ob von dem Werk irgendeine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht, ist man gut abgesichert“, sagt Höltkemeier. Solche Gefährdungsquellen könne jeder Handwerker aufgrund seiner fachlichen Expertise erkennen und beurteilen.
Im Zweifelsfall könnten sich Handwerker zudem immer an den Vorschriften für öffentliche Bauten orientieren. Bei privaten Bauvorhaben bestünden zwar manchmal etwas größere Spielräume, „aber die Vorschriften für öffentliche Bauten gibt es ja nicht ohne Grund“, betont die Expertin. „Wer sich darauf beruft, ist immer auf der sicheren Seite und spart sich Diskussionen mit den Bauherren.“
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