Achtung bei befristeten Fahrerlaubnisklassen: Fahrer aus dem EU-Ausland müssen gegebenenfalls in Deutschland verlängern.
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Achtung bei befristeten Fahrerlaubnisklassen: Fahrer aus dem EU-Ausland müssen gegebenenfalls in Deutschland verlängern.

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Fuhrparkrecht

Führerscheine aus dem EU-Ausland: Vorsicht bei Befristung

Wer ausländische Fahrer einstellt, muss bei befristeten Fahrererlaubnisklassen ganz genau hinschauen. Auch bei EU-Führerscheinen.

Unternehmen können ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, Kraftfahrer auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Auch hier herrscht großer Fachkräftemangel. Entsprechend froh sind viele Arbeitgeber, wenn sie geeignete Arbeitnehmer im Ausland rekrutieren können. Aber Achtung in Sachen Führerschein und Fahrerlaubnis: Unternehmen sollten dann sehr genau prüfen, ob ausländische Fahrer mit ihrem Führerschein in Deutschland tatsächlich Kraftfahrzeuge führen dürfen. Nichts anderes gilt für die Berufskraftfahrerqualifikation.

Viele Fuhrparkverantwortliche glauben, dass sie sich bei EU-Bürgern darüber keine Gedanken machen müssen. So gilt doch die EU-Führerscheinrichtlinie, wonach alle EU-Staaten gegenseitig die Führerscheine eines anderen EU-Staates anerkennen müssen. Es kommt deshalb in der Praxis auch nicht selten vor, dass Fahrer aus dem EU-Ausland, die ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegt haben, über Jahre in hier mit dem EU-Führerschein aus ihrem Heimatland fahren.

Fahrerlaubnis im Ausland verlängern? Achtung!

Problematisch wird das aber bei zeitlich befristeten Fahrerlaubnisklassen. Das ist der Fall bei den Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE in der Güterbeförderung sowie bei den Fahrerlaubnisklassen D1, D1E, D und DE in der gewerblichen Personenkraftbeförderung. Sie werden in Deutschland nur für jeweils fünf Jahre ausgestellt. Nach Ablauf dieser fünf Jahre ist eine Verlängerung der Fahrerlaubnis zu beantragen, für die zum Beispiel eine Gesundheitsprüfung erforderlich ist. Da im Ausland die Kosten für eine solche Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen oft günstiger sind als in Deutschland, nehmen viele Fahrer die Verlängerung oft im Heimatland vor. Manchmal glauben die Fahrer außerdem, eine Verlängerung sei nur im Ausland möglich, weil der Führerschein dort ausgestellt wurde.

Lassen sich Fuhrparkverantwortliche auf diesen Weg ein, kann das böse Folgen haben. Für den Fahrer und gegebenenfalls auch für den Fuhrparkleiter kann dieses Vorgehen nämlich strafrechtliche Konsequenzen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beziehungsweise wegen des Zulassens zum Fahren ohne Fahrerlaubnis nach sich ziehen. Im erlaubnispflichtigen gewerblichen Güter- oder Personenkraftverkehr kann die Folge nach der sogenannten Todsündenliste sogar die Entziehung der EU-Lizenz für den Arbeitgeber bedeuten. Weshalb ist das so?

Vorsicht bei sporadischen Heimfahrten

Hat der Mitarbeiter seinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland, greift allein das deutsche Fahrerlaubnisrecht. Der Wohnsitz und damit der Lebensmittelpunkt in Deutschland wird angenommen, wenn die Person wegen persönlicher und beruflicher Bindungen – oder bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich im Inland wohnt, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr. Entgegen weit verbreiteter Meinung kommt es nicht darauf an, wo man gemeldet ist.

Eine ausländische Meldeadresse im Heimatland führt also nicht dazu, dass dort auch der fahrerlaubnisrechtliche Wohnsitz liegt. Vielmehr kommt es in dieser Frage immer auf den tatsächlichen Lebensmittelpunkt an. Etwas anderes gilt für die Fahrerlaubnisbehörden nur dann, wenn der Fahrer wöchentlich, zum Beispiel an jedem Wochenende, an seinen ausländischen Wohnsitz zurückkehrt. Fährt der Mitarbeiter aber nur ab und zu „nach Hause“, zum Beispiel monatlich oder nur anlässlich seiner Urlaube, ist von einem ordentlichen Wohnsitz in Deutschland auszugehen. In diesem Fall gelten die die befristeten Fahrerlaubnisklassen in Deutschland nur noch maximal fünf Jahre. Egal, welche Frist im Führerschein eingetragen ist.

Fahrerlaubnisklassen: Gute Fristenkontrolle unerlässlich

So muss zum Beispiel ein polnischer Mitarbeiter, der in Deutschland lebt und arbeitet und hier mit einem polnischen EU-Führerschein Kraftfahrzeuge C1- oder C-Fahrerlaubnisklassen führt, die Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen in Deutschland vornehmen lassen. Wer hierfür ins Heimatland fährt, um dort eine Verlängerung zu beantragen, wird zwar möglicherweise dort tatsächlich einen neuen Führerschein mit verlängerten Fahrerlaubnisklassen erhalten, dieser Führerschein ist in Deutschland dann aber nicht gültig. Richtigerweise hätte sich der Führerscheininhaber bei der deutschen Führerscheinstelle seines Wohnsitzes melden müssen und dort die Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen beantragen müssen. Ihm wäre in diesem Zug auch ein neuer deutscher EU-Führerschein ausgestellt worden.

In jedem Fall sollten Unternehmen, die Mitarbeiter auf Kraftfahrzeugen einsetzen, für die nur befristete Fahrerlaubnisklassen ausgestellt werden, eine gute Fristenkontrolle implementieren. Denn für die Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen in Deutschland wird die Behörde zunächst prüfen müssen, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich echt ist. Hierfür müssen gegebenenfalls Auskünfte bei der ausstellenden Behörde im Ausland eingeholt werden. Das kann durchaus mehrere Wochen dauern.

Achtung auch beim Berufskraftfahrer-Qualifikationsrecht

Eine ähnliche Problematik besteht im Berufskraftfahrer-Qualifikationsrecht. Hat der Mitarbeiter seine Grundqualifikation in einem anderen EU-Mitgliedstaat, im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder in der Schweiz erworben und ist danach nach Deutschland umgezogen, muss die Weiterbildung nach dem Ablauf von fünf Jahren in Deutschland durchgeführt und auch hier der Berufskraftfahrerqualifikationsnachweis beantragt werden. Wer für die Weiterbildungsmaßnahme ins Heimatland fährt und sich dort den Nachweis bei der ausländischen Behörde ausstellen lässt, verhält sich rechtswidrig, wenn er dann in Deutschland Fahrten durchführt, für die die Qualifikation benötigt wird. Für den Fahrer, aber auch den Fuhrparkverantwortlichen, der diesen Fahrer auf einem Unternehmensfahrzeug eingesetzt hat, kann das zu einem Bußgeld im fünfstelligen Euro-Bereich führen.

Diese Anforderungen gelten übrigens nicht nur für Personen, die ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen. Auch deutsche Berufskraftfahrer, die zum Beispiel nach Frankreich ziehen und dort arbeiten, müssen umgekehrt diese Regelungen beachten. Sie benötigen nach Ablauf der Befristungen einen französischen Führerschein und müssen dort auch ihre Weiterbildungen durchführen.

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