Foto: 2011 Oliver Hoffmann-stock.adobe.com
hand grabbing for small piggy bank

Inhaltsverzeichnis

Böser Verdacht: Was tun, wenn ein Mitarbeiter klaut?

Material verschwindet, Werkzeug kommt nicht zurück in den Betrieb – so können Sie reagieren, wenn ein Mitarbeiter unehrlich ist.

Auf einen Blick:

  • Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Mitarbeiter stiehlt, sollten Sie nicht überhastet reagieren, sondern Schritt für Schritt vorgehen.
  • Suchen Sie sich rechtliche Beratung, um bei Ihrem weiteren Vorgehen – Gespräch, Abmahnung oder Kündigung – keine formalen Fehler zu machen.
  • Schalten Sie nicht vorschnell die Polizei ein, wenn es sich um kleinere Diebstähle handelt. Bedenken Sie die Wirkung auf Kunden und Mitarbeiter.

Eigentlich geht es ganz entspannt zu im Betrieb: Wer ein Werkzeug übers Wochenende ausleihen will, darf es mitnehmen. Auch bei Materialresten, die ein Mitarbeiter privat verwenden will, sind Sie großzügig. Doch was ist, wenn Werkzeuge verschwinden und der private Resteverbrauch immer größere Dimensionen annimmt? Ein schlimmer Verdacht drängt sich auf: Ein Mitarbeiter bestiehlt Sie. Was tun? So reagieren Sie am besten:

1. Ruhe bewahren und Unterstützung suchen

Wichtig ist, dass Sie jetzt nicht spontan und emotional mit einer fristlosen Kündigung reagieren, denn damit wird Ihr Mitarbeiter sicherlich vor das Arbeitsgericht ziehen. „Vor Gericht hat der Arbeitgeber bei Kündigungen die Beweislast“, sagt Verena Albrecht, Syndikusrechtsanwältin und Mediatorin beim Arbeitgeberverband Oldenburg e.V. Das heißt, Sie müssen nachweisen, dass es Ihnen nicht zumutbar war, Ihren Mitarbeiter auch nur für die Dauer der üblichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Bewahren Sie also Ruhe und suchen Sie sich schon beim Aufkommen des ersten Verdachts rechtliche Unterstützung, so Albrecht.

Die fünf größten Fehler bei Kündigungen

Jemandem kündigen zu müssen, ist keine schöne Aufgabe. Noch schlimmer wird sie, wenn man grobe Fehler macht und die Kündigung unwirksam ist.
Artikel lesen

2. Einen kollektiven Warnschuss abgeben

Material verschwindet oder die Kaffeekasse leert sich und Sie haben einen bestimmten Mitarbeiter im Verdacht? Dann muss trotzdem zunächst die Pflichtenlage geklärt sein – z. B. durch einen „kollektiven Warnschuss“ im Rahmen einer Mitarbeiterrunde oder eine ausdrückliche Weisung. „Machen Sie klar, dass Sie ein bestimmtes Verhalten künftig nicht mehr tolerieren werden“, rät Anwältin Verena Albrecht.

Je nach Einzelfall kann es sinnvoll sein, alle Mitarbeiter anzusprechen, selbst wenn Sie die meisten für unschuldig halten. „Die Frage ist immer: Kann man ausschließen, dass es auch ein anderer gewesen ist?“, so Albrecht. Und so lange auch andere Zugriff auf das Lager oder den Schlüssel zur Werkstatt haben, ist es zumindest denkbar, dass sich auch jemand anderes bedient hat.

Ebenfalls wichtig: Dokumentieren Sie, dass Sie das Fehlverhalten angesprochen haben und lassen Sie die neue Regel Ihren Mitarbeitern schriftlich zukommen. „Das kann ein kurzes Schreiben mit der nächsten Gehaltsabrechnung sein, eine E-Mail oder eine Nachricht per Messenger“, sagt Verena Albrecht.

Sie rät zudem dazu, sich den Empfang bestätigen zulassen, etwa durch eine Lesebestätigung der Mail. „Falls es dann später zu einer Kündigung und einem Prozess kommen sollte, kann der Arbeitgeber beweisen, dass alle Mitarbeiter informiert waren“, so Albrecht. Denn die Frage, die ein Arbeitsgericht stellt, laute: Wusste der Mitarbeiter, dass er den erlaubten Rahmen überschritten hat?

3. Den verdächtigen Mitarbeiter mit Ihrem Verdacht konfrontieren

Sie haben klare Regeln im Umgang mit Werkzeug, Material oder Kaffeekasse aufgestellt, aber der verdächtigte Mitarbeiter hat sein Verhalten nicht geändert? Dann müssen Sie handeln. „Wenn Sie als Chef Fehlverhalten zu lange durchgehen lassen, demotivieren Sie die anderen Mitarbeiter“, sagt Maren Ulbrich, Inhaberin der Beratungs-Agentur Handwerksmensch.

Wollen Sie es zunächst auf kollegiale Weise versuchen, suchen Sie das direkte Gespräch unter vier Augen. „Konfrontieren Sie Ihren Mitarbeiter mit Ihrem Verdacht und stellen Sie klar, dass sein Verhalten ernste Konsequenzen haben wird, falls es sich nicht ändert“, sagt Ulbrich. Auch dieses Gespräch und das Ergebnis sollten Sie dokumentieren.

4. Abmahnen oder kündigen?

Wenn Sie sicher sind, den richtigen Verdächtigen im Blick zu haben, können auch arbeitsrechtliche Sanktionen folgen:

  • Sie können als Erstes eine Abmahnung aussprechen. „Eine Abmahnung ist ein milderes Mittel und hat das Ziel, dass der Mitarbeiter sein Verhalten ändert“, erklärt Anwältin Verena Albrecht.
  • Hat die Abmahnung nicht gefruchtet, können Sie Ihrem Mitarbeiter kündigen. „Hier muss man zwischen einer Verdachtskündigung und einer Tatkündigung unterscheiden“, erklärt Albrecht. Eine Tatkündigung sei nur möglich, wenn es einen Vollbeweis gegen den Mitarbeiter gebe. „Den hat man eigentlich nur, wenn der Betreffende den Diebstahl zugibt“, so Albrecht. In der Regel käme es also zu einer Verdachtskündigung. „Hier muss der Mitarbeiter angehört werden“, betont Albrecht. Da diese Anhörung bestimmten Regeln folgen muss und Fristen einzuhalten sind, empfiehlt sie dringend, sich rechtliche Hilfe zu suchen.

5. Die Polizei einschalten?

Natürlich haben Polizei und Staatsanwaltschaft andere Mittel als Sie, wenn es darum geht, Ermittlungen anzustellen. Handwerksberaterin Maren Ulbrich hat allerdings Bedenken, wenn es darum geht, bei kleineren Diebstählen im Betrieb die Polizei einzuschalten: „Man sollte sich immer fragen, wie eine solche Aktion nach innen auf die eigenen Mitarbeiter und nach außen auf Kunden und Mitbewerber wirkt“, sagt sie. „Eine Polizeiermittlung oder auch eine fristlose Kündigung sprechen sich sehr schnell herum und werfen kein gutes Licht auf den Betrieb.“

Auch Anwältin Verena Albrecht warnt vor Schnellschüssen, vor allem, wenn eine Kündigung bereits ausgesprochen wurde. „Ob eine strafrechtliche Anzeige sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab“, so die Expertin. Insbesondere bewegten sich Straf- und Arbeitsjustiz in unterschiedlichem Tempo. „Wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde und sich der Betroffene wehrt, ist die erste Anhörung vor Gericht schon nach ein paar Wochen“, so Albrecht. Wenn dann Ergebnisse einer strafrechtlichen Ermittlung nicht vorlägen, bringe diese nicht automatisch einen Mehrwert.

Tipp: Sie wollen Sie wollen keine wichtigen Infos mehr zum Thema Arbeitsrecht verpassen? Mit dem handwerk.com-Newsletter bleiben Sie auf dem Laufenden. Hier geht es zur Anmeldung!

Auch interessant:
[embed]https://www.handwerk.com/dienstauto-privat-genutzt-kuendigung-nur-nach-abmahnung[/embed]

Kündigungsgespräch – 5 Tipps für eine knifflige Situation

Einem Mitarbeiter zu kündigen, ist immer eine schwierige Angelegenheit. Mit unseren Tipps behalten Sie die Situation im Griff.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Wie gut ist Ihr Versicherungsschutz, wenn Diebe Ihr Werkzeug aus dem Firmenwagen stehlen?

Werkzeug

So sichern Sie Ihr Werkzeug ab - unterwegs und auf der Baustelle

Handwerker transportieren täglich hohe Werte. Wie gut sind Werkzeuge und Material unterwegs gegen Diebstahl oder Unfall versichert? 10 Fragen und Antworten.

    • Werkzeug, Unternehmensfinanzierung, Fuhrpark
Die Inflationsprämie vom Betrieb löst nicht bei jedem Mitarbeitenden Dankbarkeit aus.

Reaktionen von Mitarbeitenden

Inflationsprämie: Können Betriebe ein Dankeschön erwarten?

Zwei Handwerker zahlen ihren Teams die Inflationsprämie in voller Höhe. Die Mitarbeitenden reagieren recht unterschiedlich.

    • Personal
Makellose Schneide. Bei der Tischlerei Klauenberg hat Qualität Vorrang. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an das Werkzeug. 

Holzhelden

Scharfes Werkzeug muss nicht Chefsache sein

Das Team der Tischlerei Klauenberg nutzt ein effektives System, um seine Werkzeuge stets scharf zu halten. Ein fester Baustein darin ist ihr Werkzeughersteller. 

    • Holzhelden
Vorsicht: Wer Mitarbeitenden bewusst Firmenwagen, Werkzeug und Material für private Schwarzarbeit überlässt, leistet Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Personal

Haftungsfalle für den Chef: Schwarzarbeiter im Team!

Ihr Team arbeitet nach Feierabend schwarz? Manche Chefs im Handwerk drücken dabei ein Auge zu – doch die Grenze zur Haftung ist schnell überschritten.

    • Personal, Recht, Arbeitsrecht, Steuern